Samstag, 7. November 2015

Episode 49 – Liebesbriefe

Als ich vorletzte Woche durch alte Erinnerungen stöbert, fand ich einen Ordner mit Emails.
Obwohl ich meine private Emailadresse schon seit 18 Jahren habe, gab es doch immer wieder Dienstmailadressen, die hin und wieder für private Zwecke „missbraucht“ wurden.
Während ich durch die alten Mails blätterte, freute ich mich mich, diese damals ausgedruckt und damit gerettet zu haben. Gut 11 Jahre waren die Mails alt, die ich an diesem Nachmittag wie gebannt verschlang.

Es ist schon seltsam. In einer so gut vernetzten Zeit, in der jeder immer und überall erreichbar ist, in der wir täglich problemlos und schnell kommunizieren können, scheint die Bedeutung von Briefen mehr und mehr verloren gegangen zu sein.

Zugegeben, Emails fallen wohl auch in die Kategorie "elektronische, virtuelle" Nachricht, aber auch so eine Emails war vor 15 Jahren nur eine Art Express-Brief… So schön es auch ist, sich schnell mal eine SMS, eine WhatsApp oder eine Nachricht zu schicken, so ist dies doch kein wirklicher Ersatz für den guten alten Brief oder seinen Nachfolger, die Email.
Ich las einige Mails, schmunzelte, wurde nachdenklich und reiste unwillkürlich in die Zeit zurück, in der ich Niko diese Mails geschrieben und seine Antworten erhalten hatte.
Es war schön zu lesen, wie wir damals über uns und unsere Beziehung dachten, es war eine Mischung aus Roman, Liebesbrief und Krimi. Keine Sammlung von Kurznachrichten hätte den Verlauf und die Emotionen so gut wiedergeben können, wie diese Briefesammlung.
Früher hatte man keine andere Wahl, man musste sich Briefe schreiben. Der Brief war dann einige Tage unterwegs bis er den Weg zum geliebten Menschen fand und auch auf die Antwort musste man einige Tage warten. Man musste den Brief per Hand schreiben, Briefmarken kaufen und ihn selbst einwerfen. Der Aufwand den so eine Brief mit sich brachte, war groß genug, um sich ausführlich Gedanken über den Inhalt zu machen. Man schrieb alles nieder, was einem in den Sinn kam, man überdachte jedes Wort, bevor man den Brief schließlich abschickte.
Etwas davon hat zumindest in den ersten Jahren der Email noch überlebt. Ich fand es schön in aller Ausführlichkeit nachzulesen, was dem Anderen damals durch den Kopf ging.
Also setzte ich mich hin und schrieb nach langer Zeit mal wieder einen Liebesbrief.
Ich überlegte ganz genau was ich sagen wollte, ich überdachte jedes Wort, ich wählte Briefpapier und Tinte. Und während ich schrieb, merkte ich, wie ich entspannte. Es hatte etwas meditatives tatsächlich mal wieder am Schreibtisch zu sitzen und ganz in Ruhe einen Liebesbrief zu schreiben, einen Kaffee neben mir und ansonsten absolute Stille.
In einer Zeit, in der alles immer und überall verfügbar zu sein scheint, hat es etwas aufregendes, einen Brief abzuschicken und gespannt auf eine Antwort warten zu müssen.
Ich finde, wir sollten uns alle ab und an Zeit für einen Brief nehmen. Es muss ja kein Liebesbrief sein. Aber haben unsere Eltern, unsere Freunde unsere Liebsten nicht ab und an mehr verdient, als eine SMS oder eine WhatsApp?
Ein Brief drückt eine gewisse Wertschätzung aus und ihr werdet überrascht sein, was so ein handgeschriebener Brief beim Gegenüber auslöst…
Was mein Liebesbrief ausgelöst hat behalte ich für mich… Briefgeheimnis!

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