Sonntag, 27. April 2014

Episode 11 - Frühjahrsputz

Etwas unkoordiniert fischte ich den Hausschlüssel aus meiner Handtasche. Ich war beschwippst und ich war genervt. Die ganze Woche hatte ich mich auf den Cocktailabend mit Sophia gefreut. Unsere Tradition der Mädelsabende hatte ziemlich gelitten, seit sie mit Tom zusammen war. Als gute Freundin war mir klar, dass es heute abend ausschließlich um sie gehen würde, aber Sophia war eine meiner besten Freundinnen und sie nach langer Zeit verliebt zu sehen, machte mich glücklich. Ich wusste was von mir erwartet wurde: geduldiges Zuhören und interessiertes Nachfragen. Nach der dritten Frage hatte ich keine Lust mehr! Ich kannte die hübsche Kennenlerngeschichte, die Eckdaten von Tom, die romantischen Dinge die er tat... bei allem Anderen blockte sie ab. Es schien mich irgendwie nichts anzugehen. Ich hätte Sophias Zurückhaltungen mit Höflichkeit verwechselt, wenn ich uns beide nicht besser kennen würde: Wenn wir verliebt waren, gab es im Normalfall keine Zurückhaltung. Jedes Detail wurde so lange thematisiert, bis der andere es nicht mehr hören konnte. Irgendwas verschwieg sie mir. Ich stolperte etwas ungeschickt in meine Wohnung und beschloss, dass schlafen eine gute Idee wäre. Vielleicht würde ich die Dinge am nächsten Morgen und mit weniger Wodka im Blut etwas klarer sehen. Das Einzige was ich am nächsten Morgen klar erkannte, war die Tatsache, dass ich Alkohol früher besser vertragen hatte und dass in meiner Wohnung das Chaos herrschte. Um den halb verschlafenen Sonntag nicht ganz ungenutzt verstreichen zu lassen, entschied ich mich fürs Großprojekt Frühjahrsputz. Nachdem ich die Fenster geputzt, die Schränke ausgewischt und mich sogar um den Herd gekümmert hatte, beschloss ich, die Bettkästen hervorzuziehen und unterm Bett zu saugen. Eigentlich kein großes Ding. Es ist ein Handgriff die Schubladen hervor zu ziehen. Das Problem ist ein anderes: theoretische Spinnen und die Angst vor diesen. Mir ist dabei durchaus bewusst, dass Spinnen, sollten sie tatsächlich unter meinem Bett wohnen, auch dann existieren, wenn ich nicht nachsehe, aber beim Thema Spinnen vertrete ich den Standpunkt aus frühsten Kindertagen: „was ich nicht sehe, das ist auch nicht da“. Während ich mich also mental darauf einstellte die Bettkästen hervorzuziehen und dem Spinneninferno ins Auge zu blicken, fragte ich mich, warum und vor allem wie ich an diesem Kinderglauben so lange hatte festhalten können. Vielleicht beruhte dies auf Erfahrungen? Vielleicht hatte ich gemerkt, dass es hin und wieder besser war, in Ungewissheit zu leben, als einfach nachzuschauen. Ich musste unweigerlich an Sophia denken: Vielleicht hielt auch sie an diesem Kinderglauben fest. Vielleicht brauchen Frauen manchmal einfach diese perfekte Welt ohne Spinnen, um in dem Chaos aus ersten Dates und der Suche nach der großen Liebe durchzuhalten. Und wenn das so ist, haben wir dann das Recht an die Schubladen unserer Freundinnen ran zu gehen? Vielleicht brauchen uns unsere Freundinnen aber auch genau dann am meisten, so wie man als Kind den Papa gerufen hat, wenn man eine Spinne sah, die einem angst machte. Und während ich noch so nachdenke, über Schubladen und über Spinnen, schleicht sich meine eigene Schublade still und leise heran. Sie ist nicht besonders groß, es hat mich damals viel Mühe gekostet den 1,95m großen Mann darin zu verstauen. Vielleicht ist der Frühjahrsputz eine gute Gelegenheit auch diese Schublade zu entrümpeln. Ich weiß, dass viele Geschichten in ihr schlummern, denn Niko war nicht irgendwer und doch tauchte er 10 Episoden lang nicht auf... Mit einem Ruck ziehe ich die Schublade auf. Mit einem Ruck geht alles leichter. Pflaster abreißen und Ängsten ins Auge schauen. Natürlich sind keine Spinnen unterm Bett, nur eine Menge Staub, aber irgendwie fühlt es sich gut an Gewissheit zu haben... Die Schublade unterm Bett habe ich allein bezwungen. Vielleicht würde ich bei der Niko-Schublade hin und wieder Unterstützung brauchen, aber dafür hat man ja Freundinnen: zum lachen, zum weinen, zum Händchen halten, wenn einem das Leben angst macht und zum gemeinsamen kreischen, wenn man eine Spinne sieht ...

Mittwoch, 23. April 2014

Episode 10 - Von schwarzen Löchern und Raketen

In meiner Wohnung scheint es ein schwarzes Loch zu geben, das Dinge wie von Zauberhand verschwinden lässt. Ich bin kein Messi und meine Wohnung ist eigentlich immer ziemlich ordentlich. Es gibt keine unzähligen Fächer und Schubladen, Kramkisten und Schränkchen und doch, hin und wieder scheinen sich Dinge in Luft aufzulösen. Das kann mal eine CD sein oder eine Kette... heute morgen war es ein Fascinator. Als ich aufwachte, sah ich meinen Look für Ostern vorm inneren Auge: Ich würde ein vanillefarbenes Kleid mit schwarzem Muster, Ballerinas und meinen Fascinator tragen, den ich im Winter in Mexiko gekauft hatte. Ein Fascinator kann ein aufwändiger Kopfschmuck sein oder ein kleiner Hut. In meinem Fall war es ein Haarreif mit Feder und Schleifengedöns in schwarz, der meinem Osteroutfit, wenigstens in meiner Vorstellung, den letzten Schliff verleihen sollte, ohne dabei zu provokant zu wirken. Wo hatte ich den beim Koffer auspacken nur hingeworfen? Nachdem ich an allen denkbaren Orten gesucht hatte, wurde ich sauer und machte mir einen Kaffee. Ich hatte mich so gefreut, als ich damals mit meiner Freundin durch Cozumel schlenderte und dieses kleine Prachtstück fand. Ich trug ihn während unserer Reise zu diversen Abendessen und doch hatte ich nun, einige Monate später, nicht die leiseste Ahnung wo er war. Während ich meinen Kaffee trank und mein Ärger über mich selbst wieder etwas verflog, kam mir ein Gedanke: Ist es bei mir nicht auch in Beziehungen so, dass Menschen mich mit einem Schlag begeistern und irgendwann unmerklich in einem schwarzen Loch verschwinden? Ich habe einen großen Bekanntenkreis und einen etwas kleineren Kreis von sehr guten Freundinnen bei denen man immer auf einem relativ aktuellen Stand in Sachen Job, Beziehung, Leben ist. Man telefoniert regelmäßig, schreibt und trifft sich ab und an. Dann gibt es da noch die Raketen. Sie schießen in dein Leben und sind plötzlich da. Sie lenken deine Aufmerksamkeit komplett auf sich wie ein buntes Feuerwerk und für einen kleinen Bruchteil deines Lebens sind sie alles, was du siehst. Das können Freundinnen sein oder auch Männer die einem begegnen. Während ich darüber nachdachte fiel mir auf, dass ich kaum Menschen in meinem Leben hatte, die als Rakete starteten und nun zu meinen engsten Freunden gehörten. So wie diese Menschen in mein Leben schossen, verschwanden sie auch wieder und die Freundschaften die alles überdauern waren die, die langsam wuchsen. Wahrscheinlich ist es mit Freundschaft nicht anders als mit Tomaten oder Fertighäusern: was schnell hochgezogen wird ist selten von Qualität. Ich gab es auf weiter zu suchen. Manchmal muss man wohl akzeptieren, dass auch Dinge, die am Anfang perfekt scheinen, verschwinden. Ich zog mir die Schuhe an und fuhr einkaufen. Vielleicht würde ich ja etwas ähnlich hübsches finden, vielleicht nicht ganz so vollkommen, aber dafür von mehr Dauer. Etwas, dass ich diesmal sorgsam aufbewahre und auch in einigen Jahren noch gerne trage.

Freitag, 18. April 2014

Episode 9 - Auf den zweiten Blick

Gestern war ich mal wieder im Prenzlauer Berg frühstücken. Eigentlich ist das so gar nicht meine Gegend. Ich komme mir irgendwie immer fehl am Platz vor, denn wie bei vielen Menschen, habe auch ich eine feste Vorstellung davon, welche Klischees hier zutreffen. Ich bin nicht zugezogen, sondern wohne schon mein Leben lang in Berlin, ich bin ÜBER 27, habe aber noch KEINE Kinder. Ich esse gerne Fleisch und finde, dass Bio-Lebensmittel quatsch sind. Ich schlendere selten über Märkte und kaufe meine Klamotten so gut wie nie in kleinen Boutiquen... ich passe hier einfach nicht hin. Als mich eine Freundin nun auf ein Frühstück dort einlud, war ich mäßig begeistert. Wir setzten uns in einen Italiener, bestellten und ließen das kleine Restaurant auf uns wirken: der Kellner der uns fragte ob wir deutsch oder englisch sprechen, die Deko die unglaublich verkrampft „alles easy“ schrie, die Preise die „Willkommen in der Hauptstadt“ riefen... alles so „Prenzl’Berg-isch“! Als wir nach dem Frühstück noch etwas spazieren gingen und uns eine Gruppe Touristen entgegen kam, konnte ich mich nur mit viel Beherrschung davon abhalten, ihnen jeden Bezirk außer Prenzlauer Berg zu empfehlen, wenn sie Berlin wirklich kennen lernen wollen. Ich überlegte, wann dieses Gefühl begann. Entstand es aus eigenen Erfahrungen, hatte ich einfach zu viele Comedyprogramme über diesen Bezirk gesehen, zu viele Geschichten gehört und gelesen? Wenn ich schon gegen einen Bezirk meiner geliebten Heimatstadt solche Vorurteile habe, wie oberflächlich und vorurteilsbeladen bin ich dann im wirklichen Leben? Als Kind scheint man Dinge irgendwie genauer zu betrachten. Man versucht einen Blick hinter die Fassade zu werfen und zu erkennen, warum einem Dinge nicht ganz geheuer sind. Als Erwachsener entstehen Vorurteile oft aus Unverständnis und Unkenntnis. Einige schlechte Erlebnisse werden auf ganze Personengruppen, auf Städte und Regionen, auf Firmen projeziert. Und eine weitere Überlegung: Formen wir durch unsere Vorurteile Menschen, Städte, Dinge? Man hört immer wieder, dass Menschen, die daran glauben eine Fähigkeit schon zu besitzen, sich diese auch besser aneignen als jene, die sich für absolut unfähig halten. Ist es so auch mit Vorurteilen? Verfolgen Menschen unbewusst ein Verhaltensmuster das wir ihnen über die Jahre so unterstellt haben und werden damit erst einem Bild gerecht, welches aus Vorurteilen entstand? Und vielleicht haben auch wir Berliner, diesem kleinen Bezirk gesagt, wie er auf uns wirkt, wie es in unserer Vorstellung hier abläuft und unsere Stadt hat einfach nur reagiert. Haben wir diese Entwicklung maßgeblich geprägt? Ich schaue genauer hin während ich die Wörther Strasse hinunter schlendere. Genauer hingesehen habe ich hier irgendwie schon länger nicht mehr fällt mir auf. Während ich alles auf mich wirken lasse, frage ich mich, was mich hier immer so gestört hat. Irgendwie doch ganz schön. Anders als bei mir zuhause aber anders ist es auch in Neukölln, Spandau oder Wannsee. Ich nehme mir vor, öfter hinzusehen denn ich denke, man vergibt Chancen wenn man im Leben nicht alles genau betrachtet. Egal ob bei Menschen oder Stadtteilen.

Dienstag, 15. April 2014

Episode 8 - Sorge dich nicht, Wonderwoman ist unterwegs!

Als ich vor einiger Zeit mit einer Grippe das Bett hüten musste und gelangweilt durch die Fernsehprogramme zappte, blieb ich bei der Heldin meiner Kindheit hängen. Pipi Langstrumpf war nicht nur stark und selbstbewusst, sondern auch sehr kreativ, wenn es darum ging anderen Leuten eine Freude zu machen oder die Welt nach ihrem Verständnis zu verbessern. Das kleine Mädchen mit dem großen Herzen. Was für die Jungs damals die Superheldenriege war, war für mich Pipi Langstrumpf. Keine fiktionale Figur hat mich jemals wieder so stark fasziniert, wie das Mädchen aus Schweden. Irgendwann, ich erinnere mich kaum daran, verblasste diese Bewunderung. Andere Vorbilder traten in mein Leben, beeinflussten mich und meine Freundinnen. Nun, Jahre später, flimmert diese Kindheitserinnerung erneut über den Schirm und ich frage mich, ob das mein persönlicher Anfang des Wonderwoman-Mythos war, dem wir Frauen zu unterliegen scheinen. Was ist es, dass uns immer wieder die Herausforderung annehmen lässt, ins Cape zu schlüpfen und zum nächsten Einsatz zu fliegen? Ziel unserer Rettungsaktion: ein armer Mann in Not. Die Rettungseinsätze gleichen denen unserer Superhelden und lassen sich meist einem der folgenden Szenarien zuordnen: Szenario1: Das brennende Haus. Hier müssen wir den Mann unbedingt aus einer Notlage retten. Das können Dinge wie eine schlimme Ehe, Suchtprobleme, Schulden oder Obdachlosigkeit sein. Szenario2: Der Lebensmüde auf dem Dach. Dieser arme Mann hat wirklich niemandem mehr. Alle Hoffnungen lasten auf uns und ohne uns macht alles keinen Sinn mehr. Szenario3: Das Kind in Not. Das Kind in Not braucht uns eigentlich nicht als Frau sondern als Mutter. Ohne uns ist er aufgeschmissen, denn er hat noch nie selber Wäsche gewaschen, Essen gekocht oder sich um irgendetwas in seinem Leben gekümmert. Und Szenario4: Natürlich der ultimative Kampf gegen den Endgegner, gegen das Böse. Der Klassiker: der Typ der mit sich selbst nicht zurecht kommt und/oder Bindungsangst hat. Ihn versuchen wir in einem epischen Gefecht davon zu überzeugen, auf die gute Seite zu wechseln und seine Bindungsangst zu besiegen! Obwohl wir alle voll berufstätig sind, sehe ich regelmäßig dabei zu, wie wir Frauen das Cape aus dem Schrank ziehen und in unserer wohl verdienten Freizeit einen Sondereinsatz fliegen. Manchmal frage ich mich, ob wir nicht viele Probleme mit einem Schlag lösen könnten, wenn die Frauen dieser Erde ihre Energie und Helfermanie bei der Freiwilligen Feuerwehr ausleben würden. Was ist es, dass uns immer und immer wieder dazu bewegt ein Vorliebe für die schwachen, hilfsbedürftigen Männer zu entwickeln? Wollen wir uns etwas beweisen oder sind das irrgeleitete Mutterinstinkte, die uns kinderlose Frauen mit leiser Stimme auffordern, uns Kinder zu suchen die wir erziehen können. Haben wir in unserem Job nicht genug Projekte? Vielleicht tun wir gut daran das Cape manchmal einfach im Schrank zu lassen und dafür eine hübsche Jacke zu tragen. Damit kann man vielleicht nicht fliegen aber wer immer nur fliegt, sieht die Welt nur von oben, dabei gibt es so viele Perspektiven... und außerdem sehen High Heels und Skinnyjeans zum Cape einfach nicht aus.

Sonntag, 13. April 2014

Episode 7 - Wortgefecht

„Wo sind die guten alten Liegestütz hin?“, fragte mich gestern ein junger Mann und brachte mich mit dieser Frage kurz aus dem Konzept. Abgesehen davon, dass mir sein Grinsen irgendwie sympathisch war, beschäftigte mich die Frage ein wenig später tatsächlich. Warum gibt es nur noch Push-ups? Ist es einfach zu spießig geworden Liegestütze beim Namen zu nennen. Die Anglizismen haben ja schon lange Einzug in unsere Sprache gehalten, und doch fragt ich mich immer wieder warum. Irgendwie weigere ich mich zu glauben, dass dies etwas mit einer globalisierten Welt, einer besseren Kommunikation, einer Vereinfachung und nicht zuletzt einem Trend zu tun hat. Wäre das so, würden wir unser Mobiltelefon doch nicht Handy nennen. Ein selten dummes Wort, welches im englischsprachigen Raum in diesem Zusammenhang wohl eher für Verwirrung sorgen würde. Warum also suchen wir neue Begriffe für Dinge, die längst einen Namen haben? Oder ist es einfach so, dass wir Dinge ungern beim Namen nennen? Irgendwie kommt es mir so vor, als würden wir unentwegt versuchen, alltägliche Dinge in eine schönere Hülle zu stecken und wenn das so ist, zeigt das einen Trend dem auch wir folgen? Ist nicht gefühlt jeder Mensch, spätestens ab dem 10 Lebensjahr darum besorgt, die perfekte Hülle für sich zu finden. Nie wurde so viel Geld mit Dingen umgesetzt, die uns helfen diese perfekte Hülle zu erschaffen. Sei es die Fitness- und Kosmetikindustrie oder die Lebensmittelbranche... Es gibt Getränke für jede Stimmung und jede Situation. In einer Zeit in der ein Wasser nicht mehr nur den Durst stillen, sondern Energie zurück geben, Konzentration fördern oder gestresste Menschen entspannen soll, muss ich mich einfach fragen: wo ist das Echte und haben wir keine anderen Probleme? Wer hat damit angefangen und warum machen wir mit? Und während ich darüber nachdenke, baut mein Gehirn den Schuldigen vor meinem inneren Auge zusammen: ich bin mir ziemlich sicher, dass es jemand aus dem Bereich Öffentlichkeitsarbeit war, oder mindestens jemand, der ein gewisses Talent für Werbestrategien hatte. Wahrscheinlich frisch getrennt von seiner großen Liebe sitzt er verzweifelt in einer Bar. Die Männer um ihn rum sind alle jünger und stärker, denn sie trainieren regelmäßig in einer Sportanstalt. Sie verdienen gut und haben schöne Wohnungen. Sie sind nicht nur genauso gut wie er – sie sind sogar besser und in diesem Moment wird unserem armen Held klar, dass er gegen diese Konkurrenz nie wieder eine Frau finden wird. In diesem Augenblick entschließt er sich ein Best Ager zu werden der regelmäßig im Gym push-ups macht, erfolgreich im Bereich Public Relations tätig ist und in einem Loft wohnt. Unserem Freund fliegen fortan die Herzen der Frauen zu, denn er ist etwas Besonderes. Von da an ist es nur eine Frage der Zeit, bis andere Männer diesen Trick kopieren. So oder so ähnlich, da bin ich mir sicher, ist das gelaufen. Aber wollen wir wirklich den Push-up-typen oder haben wir es inzwischen so satt, dass wir uns insgeheim die „Liegestütze“ zurück wünschen? Irgendwie finde ich nicht nur die Frage interessant, sondern auch den Typen der sie mir gestellt hat, denn ab und an brauchen wir Frauen etwas echtes, ursprüngliches. Etwas dass genau das ist, was es vorgibt zu sein.

Freitag, 11. April 2014

Episode 6 - BERLIN, BERLIN

Ich war schon immer ein sehr nostalgischer Mensch. Was für andere Leute altbacken war oder überholt klang, war für mich immer wunderbar. Ich liebe nicht nur meine Vintagekleidung und stöbere gerne in Second-hand-boutiquen, ich mag auch meine Stadt vintage. Ich mag Beständigkeit. Zumindestens bei den „großen Dingen“ und doch müssen wir uns mit den kleinen Toden unseres Lebens abfinden. „Früher war alles besser...“, „irgendwie ist es ohne ... nicht mehr das selbe...“ - Sätze, die man typischerweise von älteren Mitbürgern kennt, kommen mir schon mit 33 Jahren erstaunlich leicht über die Lippen. Nicht ganz ohne Ironie ist es da, dass nach ebenfalls genau 33 Jahren das Ende von „Wetten dass...?“ bekannt gegeben wurde. Ein Sendung die mich vom ersten Tag bis hierher begleitet hatte. Ein regelmäßiges Highlight meiner Kindheit, eine schöne Erinnerung an Fernsehabende mit den Eltern. An Schnittchen und Schokolade. Und sogar mal einem Glas Limonade. War ja was besonderes so ein langer Fernsehsamstag. Und so bin ich schon immer. Ich fühlte mich, als wäre ein Stück meiner Kindheit verschwunden, als sich 2011 die Schöneberger Sängerknaben auflösten, ich saß mit feuchten Augen im Abschiedskonzert des Luftwaffenkorps und war traurig über das Ende von etwas, dass ich vorher nie verfolgt hatte, ich trauere dem Kino im Marmorhaus am Ku’damm nach und lausche gierig Geschichten über das „alte Berlin“. Ich habe nichts gegen das Neue... im Gegenteil, ich finde es spannend wenn neue Dinge aus dem Nichts entstehen, wenn sich neue Bands gründen und neue Geschäfte eröffnen. Was mir Probleme bereitet ist, das Verschwinden von Dingen. Ich habe wohl immer das Gefühl das ein Stück von mir verschwindet, wenn etwas Neues nur dann entstehen kann, weil etwas altes, liebgewonnenes weicht. Und nun ist das gute alte ICC dran... liegt es einfacher an der Zeit , dem Zufall oder liegt es an mir? Unwillkürlich frage ich mich, ist es mit gut 30 Jahren Zeit etwas neuem zu weichen, ist das einfach die Zeit die Dinge oder Situationen so ungefähr überdauern und wenn Neues kommt, wo geht das Alte hin? Altes los zulassen kann schwer sein, aber es ist wohl ganz natürlich dass es hin und wieder gehen muss, um etwas Neuem Platz zu machen. Wenn es mir schon so zu schaffen macht, möchte ich mir kaum ausmalen, wie es Menschen geht, die wirklich schon 60, 70 oder 80 Jahre in dieser wundervollen Stadt leben. Und noch ein Gedanke kam mir: Möglicherweise geht es dieser Stadt nicht besser, als jedem von uns. Haben wir nicht alle Angst, dass etwas Neues kommt und Altes ersetzt? Privat, beruflich auf irgendeine gruselige Art und Weise. Wenn sich mal wieder alles um mich rum beschleunigt, hilft es mir, an vertrauten Orten spazieren zu gehen. Gestern war ich an der Havel. Sie floss durch diese Stadt als die Mauer stand, als die Bomben fielen und sie wird auch morgen noch fließen. Und während ich aufs Wasser blickte realisierte ich, was Charakter hat, kommt nicht aus der Mode. Es ist gestern so schön wie heute und morgen. ...Berlin verliert seinen Charme nicht. Berlin bleibt Berlin. Wunderbar, einzigartig, stielvoll und vielleicht können wir von dieser reifen Dame was lernen...

Dienstag, 8. April 2014

Episode 5 - Der 24-Stunden-Mann: Opfer oder Held der Großstadt?

Ich weiß nicht warum, aber irgendwie musste ich heute an meinen letzten 24-Stunden-Mann denken. So unanständig wie es sich anhört ist es gar nicht. Ein 24-Stunden-Mann ist einfach nur jemand, der in der Vorstellung besser ist, als in der Realität. Ich war mal Haarmodell... da war es genauso. In meiner Vorstellung gab es nichts schöneres als drei Stunden jemanden um sich zu haben der sich nur mit dir und deinen Haaren beschäftigt. Man trinkt einen Milchkaffe, wird umsorgt um danach mit einer schönen Frisur, einem hübschen Make-up und einem kleinen Zuverdienst nach hause zu gehen. Aber nach einigen Besuchen ziept es immer mehr, man schaut ungeduldig auf die Uhr, findet die Frisur irgendwie nicht typgerecht und alles was bleibt, sind die extra Scheinchen im Portemonnaie. Irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass es sich so mit den 24 Stunden-Männern verhielt. Wenn Begegnungen anfangen Jobs zu werden, die wir nur noch nach Zeit abrechnen, warum lassen wir uns darauf ein? Die klassischen Singlefrauen um die 30 in der großen Stadt sind gerne allein ohne wirklich allein zu sein. Wir lieben unseren Freiraum, die Freiheit zu tun was wir wollen ohne Rechenschaft abzulegen, wir haben den sexappeal, wir verdienen gut und wir wissen was uns gefällt und was nicht... um ehrlich zu sein sind das die Punkte, die wir gerne dick als Plus auf unserem Über-30-und-Single-Konto verbuchen. Während wir den Mann fürs Leben suchen, muss daher auch mal der nette Niemals-Mann fürs Leben herhalten: der 24-Stunden-Mann. Die Anzeichen sind immer die selben: Man will ihn nicht seinen Freundinnen vorstellen (denn er wird es ja eh nicht), man will auch nicht unbedingt mit ihm ausgehen (Öffentlichkeit, warum?), man plant keinen Urlaub mit ihm und auch keine Zukunft und – das deutlichste Anzeichen – man fängt an nach 20 Stunden in seiner Gegenwart unruhig zu werden. Der Niemals-Mann bleibt einfach nicht länger als 24 Stunden, denn nach dieser Zeit beginnt irgendwie die Realität. Man kann ihn Mittags treffen, einen Kaffee mit ihm trinken, abends einen Film schauen, am nächsten Morgen Frühstücken, aber dann fängt man an auf die Uhr zu schauen denn er nervt! Natürlich nicht wirklich. Meistens sind diese Männer wundervoll, lustig, romantisch, vielleicht etwas zu sehr in uns verknallt, aber auf keinen Fall nervig. Nur uns nerven sie, die wir wissen, dass sie nie mehr als nur nette Gesellschaft für uns sein werden. Und so vergraulen wir diese fantastischen Männer nach ein paar Monaten aus unserem Leben, geplagt von Schuldgefühlen und einem meist sehr emotionalen Abgang seinerseits. Warum suchen wir uns immer wieder diese Typen? Ich glaube tief im inneren hoffen wir irgendwie doch, dass wir eines morgens erwachen und erkennen was wir die ganze Zeit nicht sehen konnten. Ich habe Freundinnen die ganze Beziehungen auf dem 24 Stunden-Modell aufbauten in der Hoffnung irgendwann zu fühlen dass er es doch ist ... nur um nach sechs Monaten zu merken, dass es einfach nicht funktioniert. Vielleicht sollten wir diese Typen in Zukunft einfach doch unseren Freundinnen vorstellen, denn echte Freunde werden uns auch das sagen, was wir nicht hören wollen: Eine Beziehung auf Stundenbasis ist keine Beziehung, sondern ein Job. Und sollte besser bezahlt werden.

Montag, 7. April 2014

Episode 4 - There’s no place like home

In einer Stadt, die so groß wie Berlin und noch dazu so vielseitig ist, kann man schon mal den Überblick verlieren. Berlin ist wundervoll. Ich liebe es, am Tegeler See entlang zu laufen und die frische Luft zu atmen, ich liebe es, zu meinem Inder in Wedding zu gehen und mir spät Abends noch eine ausgefallene Leckerei zu bestellen, ich kann es jeden Winter kaum erwarten, bei einem Milchkaffe in der Frühlingssonne am Schlachtensee zu sitzen... und doch spielen sich mindestens 2/3 meiner Lieblingsbeschäftigungen in meinem Karree ab... und mehr als zwei Jahrzehnte nach dem Mauerfall auch auffällig konsequent im früheren Westberlin. Das würde jetzt sehr nach ignorantem Wessi klingen, wenn es meinen Freunden aus der anderen Hälfte nicht irgendwie genauso mit dem Osten gehen würde. Wer in dieser Stadt bleibt, der bleibt konsequent und zwar Pi mal Daumen da, wo er schon immer gelebt hat. Vor vielen Jahren, verschlug es mich bei einem Schüleraustausch in ein kleines Dorf im Nord-Westen der USA. Ich lernte dort Jake kennen, einen Cowboy (wirklich!), der stolz darauf war, noch nie seinen Bundesstaat verlassen zu haben. Damals mit 17 kam mir das so engstirnig und dumm vor, hat die Welt doch so viel zu bieten. So vieles gibt es, was es sich zu sehen lohnt, unendliche Möglichkeiten sein Leben zu leben. Man konnte in Paris studieren, als Au Pair nach Kanada gehen, nach Mallorca oder in die Schweiz ziehen... Die Welt ist ein Dorf hatte ich damals gedacht als ich regelmäßig zu meiner Fernbeziehung über den großen Teich jettete, denn trotz allem Trennungsschmerz (und den wirklich horrenden Ticketpreisen) war man doch irgendwie überraschend schnell da. Ein Mittagessen, ein Snack, zwei Filme und schon: Herzlich Willkommen in den Vereinigten Staaten von Amerika. Und all dies lies sich dieser weltfremde Cowboy entgehen. Ich weiß nicht warum ich gerade heute daran denken musste, als ich mich durch den Stau auf der A100 von Tempelhof nach Wedding quälte. Irgendwie doch komisch. Obwohl sich meine Universität in Cahrlottenburg befand, ich zum arbeiten nach Wannsee, Potsdam, Prenzlauer Berg musste und mein Freundeskreis über ganz Berlin verstreut wohnt - mein Lebensmittelpunkt sich also immer wieder verschoben hatte, war ich doch immer in meiner Heimat geblieben. Ich kenne Berlin ziemlich gut, würde ich behaupten. Ich kenne wundervolle Ecken in ganz Berlin. Fernab vom Rummel der Innenstadt. Weit weg von „Prenzl-Kreuz-Hain“ habe ich Plätze entdeckt, die kaum noch an Großstadt erinnern. Kleine Cafés, nette Parks, tolle Altbauwohnungen... Ich habe in den letzten 10 Jahren Wege zu meiner Arbeit und zu meinen Freunden zurück gelegt, mancher Kurierfahrer wäre neidisch. Aber egal wohin ich auch musste, meine Heimat hab ich nicht verlassen. Den Radius von 15 Km zu meinem Elternhaus, in dem ich aufgewachsen bin habe ich wohnungstechnisch nie übertreten. Natürlich, weil es mir hier gefällt, weil meine Eltern hier wohnen und weil viele meiner langjährigen Freunde sich ebenfalls nicht aus diesem Radius gewagt haben und doch habe ich das Gefühl, dass es noch etwas anderes ist. Vielleicht war dieser Cowboy gar nicht engstirnig sondern hatte einfach nur sehr früh festgestellt, dass er es hier mochte – zuhause. Klar ein Urlaub wäre schon schön, hatte er damals eingeräumt aber unglücklich darüber, noch nie weit weg gewesen zu sein, war er nicht. Ich überlegte. Abgesehen von einigen Freunden hatte ich eigentlich alles in meinem 15 Km Radius und so schön auch große Reisen waren, spannend, bereichernd... glücklich bin ich doch hier. In einer Zeit in der vieles so schnelllebig und vergänglich ist, ist es beruhigend zu wissen wo man hingehört, soweit ein simpler Gedanke. Komisch nur, wenn einem erst die Erinnerungen an einen Cowboy begreifen lassen was Glück bedeutet: seine eigenen Wurzeln zu kennen und zu lieben.