Meistens liebe ich Berlin.
Wenn ich es nicht gerade einmal hasse.
Wenn ich es nicht gerade einmal hasse.
Es gibt Tage, da mag ich diese Stadt überhaupt nicht und
meine Stadt mich ebenso wenig.
Das sind die Tage, an denen ich für eine Strecke von 6 Km gut
eine Stunde brauche, weil auch wirklich an jeder Ecke gebaut wird oder Tage, an
denen kein Bus kommt, weil auch der mal wieder irgendwo auf einer zugeparkten
Busspur fest hängt.
An solchen Tagen bin ich einfach nur genervt von dem Lärm,
der schlechten Laune und der Aggressivität, dieser Stadt.
Als ich letzte Woche versuchte zum Potsdamer Platz zu kommen, dafür eine gefühlte Ewigkeit brauchte und mir nach 20 ermüdenden Minuten
der Parkplatzsuche auf dem Weg zu meinem Termin eine kaninchengroße Ratte über
den Weg lief, war das Maß voll.
Wie in einer Beziehung, so gibt es auch in der
Liebesgeschichte zwischen mir und Berlin Momente, die nach einer
Beziehungspause verlangen und so kam mir mein Wochenendtrip nach München mit
meiner guten Freundin Esther ganz gelegen.
Ich mochte München schon immer.
So sauber und kultiviert, etwas konservativer aber irgendwie
auch beruhigend geordnet.
Tatsächlich wurden meine Erwatungen nicht enttäuscht. Die
Sonne schien als wir landeten, ein Bekannter unserer guten Freundin Sophia, ein
waschechter Münchner, holte uns freundlicherweise vom Flughafen ab und nach
einem herrlichen Spaziergang auf dem Olympiagelände fanden wir uns schließlich
in einem kleinen, versteckten Biergarten wieder, bevor wir zum Hotel chauffiert
wurden.
Lange lagen Esther und ich an diesem Abend noch auf unserem
Hotelbett, tranken Wein und ließen den ersten Tag Revue passieren.
Der nächste Morgen kam und wir warfen uns in unsere Dirndl
um zum Oktoberfest zu fahren. Es war nicht mehr ganz so sonnig, aber das tat
unserer Stimmung keinen Abbruch. Bereits um 9:30 Uhr saßen wir im ersten Zelt,
genossen unser Weißwurst Frühstück und unsere erste Maß und plauderten mit
unserem Münchner, der so freundlich gewesen war, uns seine Begleitung
anzubieten.
Wir fuhren Riesenrad, schlenderten über den Festplatz und bald
darauf saßen wir im nächsten Zelt.
Und irgendwie trotz all dem Bier, der guten Laune, der Musik
und der wirklich freundlichen Gesellschaft bekam ich das Gefühl, nicht dazu zu
gehören.
Unsere Begleitung fiel mir immer wieder ins Wort und sprach
für meinen Geschmack etwas zu überzeugt von seinen beruflichen Leistungen und
seinem Lebensstandard.
Ich kann nicht genau sagen was es war, aber irgendetwas
passierte mit mir. Ich wurde sensibler, dünnhäutiger. Unser Begleiter war immer
noch in seinen Monolog versunken. Es spielte für ihn mittlerweile keine Rolle
mehr, dass auch ich gut verdiente und einen tollen Job hatte, ich hätte wohl
auch Reinigungskraft in einer Fabrikhalle sein können, ich war nicht sein Level
und dass ließ er mich spüren. Oder war ich nur überempfindlich?
Beginnt das Bild erst einmal zu wanken, fällt es einem leichter
weitere Fehler zu finden. Das ist bei Menschen so und anscheinend auch bei
Städten.
Ich hatte plötzlich das Gefühl, etwas spöttisches zu spüren.
Vielleicht war München zu gut erzogen um zu sagen was es wirklich dachte, aber
ich hatte das Gefühl, es in seinen Augen ablesen zu können.
Als ich mit meiner guten Freundin Abends durch die kleinen
Straßen von München schlenderte kam mir ein Gedanke.
Vielleicht ist Berlin sinnbildlich „das kaugummikauende
Mädchen mit zerfetzten Jeans“, während München die „Dame im Chanel Kostüm“
ist... aber was nützt es mit der Tante im
Chanel Kostüm Tee zu trinken und über Kunst zu plaudern, wenn einem das
kein gutes Gefühl gibt? Nach nur zwei Tagen vermisste ich das kaugummikauende
Mädchen mit der zerfetzten Jeans. Sie grüßt wahrscheinlich nicht, wenn sie früh
in die U-Bahn steigt, aber sie ist irgendwie ehrlicher, echter.
Nach drei Tagen München weiß ich: nächstes Jahr komme ich
wieder (schon wegen der Schuhe!!!) und: manchmal ist alles was eine Beziehung braucht,
drei Tage Pause um negatives zu vergessen und alte Gefühle aufleben zu lassen.