Zugegeben, selbst mir kam diese klischeehafte Vorstellung etwas überzogen vor. Die Neugier, diese Ecke der Welt näher kennen zu lernen, blieb aber dennoch.
Als ich also mit meiner lieben Freundin Yvonne überlegte, wohin wir im November vor dem Berliner Wintereinbruch fliehen könnten, brachte ich ziemlich schnell, wenn auch vorsichtig, Dubai und Abu Dhabi auf den Tisch und einige Wochen später standen wir tatsächlich mit gepackten Koffern am Flughafen Tegel am Check in von Etihad Airlines, bereit Abu Dhabi einen Besuch abzustatten.
Wenig hatten wir uns im Vorfeld über dieses Land informiert. Wir kannten die Touristen-Basics: keine zu kurzen Sachen tragen, kein öffentlicher Verkauf von Alkohol, keine Flirts oder Berührungen in der Öffentlichkeit.Yvonne und ich waren nie die Reisetypen, die sich im Vorfeld groß über Land und Leute informierten. Wir plumpsten lieber immer mitten rein und ließen uns verzaubern und mitreißen.
In Abu Dhabi angekommen wurde uns schnell klar, dass wir uns in einem Land befanden, dass vor offensichtlichem Reichtum nur so strotze.
Und tatsächlich machten wir all die Dinge die Touristen nun mal so machten. Wir gingen auf eine Wüstensafari, ließen uns die Knöchel mit Henna bemalen, beobachteten Falken bei der Jagd, rauchten Shisha in einer Kissenlounge bei Sonnenuntergang und genossen die Aussicht vom höchsten Turm Dubais.
All das war faszinierend und wunderschön und doch gab es so viel mehr in diesem Land was mich faszinierte. Die Leidenschaft der Menschen immer wieder neue Rekorde aufzustellen zum Beispiel. Es wurde für Yvonne und mich zu einem Spiel zu erraten, welches größte, höchste, schwerste, schnellste Wunder man uns als nächstes präsentieren würde.
Die Einstellung der Menschen zum Leben, zu Geld und zum Risiko. Einen 830 m hohen Turm in die Wüste zu bauen mit dem Wissen, dass ein Erdbeben diesen zu Staub zerfallen lassen würde und dies mit einem „Gott gibt und Gott nimmt“ hin zu nehmen und die Art und Weise wie Männer und Frauen miteinander umgingen.
Natürlich respektierten wir die strengen Auflagen und Regeln des Landes, auch wenn ich nicht bestreiten kann, dass wir die Anweisung im Bezug auf Kleidung, Beziehung und Alkohol als deutsche Großstädter etwas belächelten.
Oft saßen wir Abends am Pool oder am Strand, sprachen über Beziehungen, Altlasten aus vergangenen Beziehungen, Ängste und Eifersucht.
Als
wir eines Abends mit einen 17€ Cocktail am Pool saßen, Yvonne
eifrig mit ihrem neuen Freund schrieb und ich an Niko dachte, konnte
ich nicht anders, als mir ein Leben unter diesen Bedingungen
vorzustellen. Wie viel wäre wohl anders gelaufen wenn ich nicht in
Berlin geboren worden wäre sondern in Abu Dhabi. Wie würde mein
Leben heute aussehen? Wäre ich verheiratet? Hätte ich Kinder? Wäre
ich glücklicher? Unglücklicher?
Wir
halten uns für so privilegiert in Deutschland geboren worden zu
sein. Einem Land, in dem so gut wie jede Lebensentscheidung, so lange
sie niemandem schadet, akzeptiert wird. Wir haben die Freiheit zu
tragen was wir wollen, zu leben wie wir wollen, zu trinken und dumme
Entscheidungen zu treffen so oft wir wollen.
Macht
uns das glücklicher? Freier? Vielleicht ist diese Vielzahl von
Möglichkeit tatsächlich eine Art Falle in die wir blind
hineinlaufen wie Mäuse in ein Papplabyrinth. Vielleicht ist es genau
das, was uns in Wahrheit verrückt macht und uns bis Mitte / Ende
dreißig etwas orientierungslos durch die Straßen der Großstädte
irren lässt. Möglichkeiten.Niko war vor einigen Monaten wieder in mein Leben zurück gekehrt.
Zu viele Möglichkeiten. Ich musste lächeln während ich den letzten Rest aus meinem Cocktailglas löffelte. Das brachte es ganz gut auf den Punkt.
“An
Niko“ sagte ich kurz, “mal sehn wie es weiter geht, es gibt
100 Möglichkeiten“.
Jetzt
lächelte Yvonne zurück. „Das ist doch super. So aufregend, ein
richtiges Abenteuer“.
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