Sonntag, 8. Mai 2016

Episode 52 – Muttertag

 „Sonntag ist Muttertag“ sprang es mir seit einigen Tagen von überall entgegen. Aus Zeitungen, aus dem Fernseher, von Plakaten… selbst als ich die Werbeprospekte am Samstag aus dem Briefkasten nahm, konnte ich den freundlichen Hinweis nicht übersehen.
Die erwartete Explosion auf Facebook folgte zuverlässig am Sonntag. Nie zuvor hatte ich mir ernsthaft über diesen Tag Gedanken gemacht. Ein ganz normaler Tag wie jeder andere, an dem man, zu Recht, bewusst seiner Mutter und allen Müttern im Allgemeinen gratulierte und ihnen dankte. Für ihre Arbeit, Liebe, Mühe und ihre Aufopferung.
Nachdenklich machte mich eigentlich auch erst ein Bild auf Instagram mit den Worten „Einen schönen Muttertag allen Müttern und mütterlichen Frauen“.
Darf man das? Darf man den Muttertag zu einem allgemeinen Tag machen, an dem man auch Nicht-Mütter ehrt? Ist dieser Tag nicht exklusiv den Müttern vorbehalten?

Ich bin grundsätzlich kein Freund davon Begriffe und Formulierungen aufzuweichen: ich kann es nicht leiden, wenn unverheiratete Frauen ihren Partner mit „mein Mann“ vorstellen oder über dessen Mutter als „Schwiegermutter“ sprechen. Ich mag es nicht, den Begriff der Familie aufzuweichen und ich mochte es auch noch nie, zu älteren Damen aus dem Bekanntenkreis „Tante“ zu sagen. Die Tante ist die Schwester von Mutter oder Vater und die Schwiegermutter ist die Mutter deines Ehemannes. Verdien dir die schön klingenden Wörter. Basta.
Zugegeben, damit steh ich heutzutage ziemlich alleine da.

Was ist nun also mit dem Muttertag? Die Männer, machen es sich da wieder einmal schön einfach: Man feiert den Mann an sich: Himmelfahrt, Vatertag, Herrentag… wurscht. Hoch die Gläser Jungs: auf UNS.
Gar nicht so dumm und beneidenswert einfach.

Natürlich haben wir Mädels auch einen Frauentag, aber ehrlich… der gilt doch wieder für alle Frauen. Der Muttertag hingegen teilt die Frauenwelt in zwei Lager: Die Mütter und die Nicht-Mütter.
Was mir immer völlig logisch und gerecht vorkam, hatte dieses Jahr irgendwie einen bitteren Beigeschmack. Mag es an meinem Alter liegen und daran, dass ich inzwischen etwa so viele Mütter wie Nicht-Mütter in meinem Freundeskreis habe - der Muttertag brachte mich diese Jahr zum Nachdenken. Nicht, weil ich ihn gerne selbst feiern würde, nicht weil ich mit 35 nicht selbst Kinder habe, sondern, weil ich plötzlich das Gefühl bekam, dass dieser, von den Medien und dem Einzelhandel so gehypte Tag irgendwie ein Schlag ins Gesicht für eine ganze Gruppe von Menschen war. Ein trauriger Tag, für all die, die den Muttertag gerne selbst feiern würden und es nicht können. Ein schwerer Tag für die Frauen, die ihr Kind verloren haben, für die Frauen, die verzweifelt versuchen schwanger zu werden, für die Frauen, die durch eine Krankheit niemals Kinder bekommen werden und für die, die einfach nicht den richtigen Mann finden, um endlich eine Familie zu gründen.

An jedem Tag feiern oder denken wir an irgendetwas oder irgendwen. Sei es der Anti-Diät-Tag, der Jogginghosen-Tag oder der Tag der Geschwister… nach Weihnachten, Nikolaus und Ostern sind es der Valentinstag, der Muttertag und der Vatertag, an denen die Wirtschaft ihr großes Geschäft wittert.
Selbst wenn es einen „Herzlichen-Glückwunsch-dazu-wie-phantastisch-du-dein-Leben-meisterst-Tag“ gäbe, er würde wahrscheinlich nicht annähernd so zelebriert werden.
Ich möchte nicht unfair sein. Mütter leisten großartiges und haben jeden Tag Dank und Anerkennung verdient, aber was ist mit den Frauen, die ihre kranken Eltern pflegen, die sich sozial engagieren, die ehrenamtlich Kinder unterrichten und sich täglich bis aufs letzte für andere aufopfern?
Ich habe noch nie eine Fernsehwerbung gesehen, in der der Offsprecher zum Schluss „Nicht vergessen, am 05.Mai ist Tag des Ehrenamtes“ geflüstert hätte…. Oder „Machen sie ihren Liebsten ein Geschenk… am 10. März ist Frauen-ohne-Kinder-die-ihre-alten-Eltern-selbstlos-pflegen-Tag“.
Vorhin erreichte mich eine Nachricht meiner guten Freundin Finja:

„Alles Liebe zum Nicht-Muttertag. Ich finde dich auch so toll“.

Ich wünsche allen Müttern einen schönen Muttertag, besonders meiner, die ihren Job besser macht, als es eigentlich menschenmöglich ist!

Und allen anderen Frauen, die jeden Tag großartiges leisten, obwohl sie (leider noch) keine Mütter sind:

Vielen Dank! Ihr seid wunderbar und eine große Bereicherung für diese Welt!






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